Den Spezialblog zu meiner Nieren-OP (Unerwünschte Erfahrungen – abgeschlossen?!!) und den darauf folgenden Komplikationen (Unerwünschte Erfahrungen – fortgesetzt) hatte ich am 9. Januar 2020 eigentlich geschlossen. Jetzt wird er noch einmal geöffnet; denn abgeschlossen war´s ja nicht.
Usw., usw.
10. Januar 2020: Entlassung aus der Klinik nach Austausch-OP der Schiene (Nr. 3), die die vernarbte Engstelle am Harnleiter zwischen Niere und Blase überbrückt.
12. Januar bis 25. Februar 2020: Immer wieder Fieber-Attacken aufgrund Harnweginfekt bis zu einer Sepsis mit 41 Grad Fieber und Notaufnahme in Klinik um 2 Uhr nachts. Nach Einnahme von insgesamt fünf verschiedenen Antibiotika Blut- und Urinwerte ok.
3. März 2020: Routinetermin beim Chefurologen wegen schweren Autounfalls durch sein Büro abgesagt. Keine neuen Termine möglich.
Erfahrung 12: Der Mensch denkt, irgendwer / irgendwas lenkt. Dieser Unfall ist ein schwerer Schlag, zumal es sich nicht nur um meinen Arzt, sondern auch um einen Menschen handelt, den ich sehr schätze.
Rausnehmen oder Drinlassen?
Ein befreundeter Arzt empfiehlt sogenannte Nieren-Clearance zur Abklärung, welche Leistung die linke Niere eigentlich noch erbringt.
13. März 2020: Ergebnis der Nieren-Clearance: Die linke Niere schafft noch 24 Prozent, die rechte Niere 76 Prozent Leistung. Die rechte könnte die gesamte notwendige Leistung schaffen.
Erfahrung 13: Es gibt nun zwei Lehrmeinungen für meinen Fall. Erstens 24-Prozent-Niere entfernen, dann gibt es keine Harnwegentzündungen mehr, ständige Antibiotika sowie halbjährlicher Wechsel der Schiene sind überflüssig. Das ist die Meinung von Radiologen und niedergelassenen Urologen. Zweitens Niere mit über 20 Prozent auf keinen Fall entfernen. Schiene halbjährlich wechseln und Gefahr dauernder Harnwegentzündungen in Kauf nehmen. Das ist die Meinung von Uniklinik-Urologen.
30. April 2020: Beide Varianten sind nicht wirklich erbaulich. Etwas, das noch funktioniert, wegschneiden oder noch 40mal in diesem Leben Schiene wechseln (wenn ich´s denn bis 90 schaffe), sind keine erstrebenswerten Alternativen. Daher Konsultation bei neuem Hausurologen. Er stellt Verbindung zu Chefstellvertreterurologen an anderer Uniklinik her.
Die alternative Lösung
6. Mai 2020: Der Chefstellvertreter schlägt vor, die Engstelle am Harnleiter zu entfernen und den Harnleiter wieder an die Niere anzuschließen, wenn die Engstelle nicht zu lang ist. Dazu muss Schiene noch einmal gewechselt, Kontrastmittel gespritzt und die Länge der Engstelle ermittelt werden – in dieser Uniklinik alles ambulant und ohne Narkose. Durch Harnröhre und dann weiter nach oben.
22. Mai 2020: Schiene Nr. 3 ambulant raus, Nr. 4 rein. Zeitweise schmerzhaft, aber aushaltbar und nach fünf Narkosen in 14 Monaten letztlich der bessere Weg. Wichtiger Befund dabei aber: Engstelle so kurz, dass direkter Anschluss an Niere möglich.
Schienen ohne Ende
2. Juni 2020: OP soll stattfinden. Bei Morgenvisite Eröffnung, dass die Bilder vom Schienenwechsel und Engstelle vom 22. Mai nicht (mehr) auffindbar. Daher muss Prozedur vor OP wiederholt werden (Schiene Nr. 5). Also noch mal Zähne zusammenbeißen: erneut Mitteilung, Engstelle ist kurz, Anschluss geht direkt. Dann 6. Operation seit April 2019. Ergebnis: erfolgreich!! Damit Harnleiter und Niere zusammenwachsen können, ist (neue) Schiene (Nr. 6) eingezogen, die in drei Monaten entfernt werden soll. Dann ist alles gut …
8. Juni 2020: Entlassung aus der Klinik. Bin gut drauf, lediglich etwas inkontinent. „Das gibt sich“, ist das einhellige Urteil aller angesprochenen Ärzte. Gut, dass es Windeln in XXL gibt.
15. Juni 2020: Routineuntersuchung beim Hausurologen. Er zeigt starke Verwunderung über kontinuierlich fließende Inkontinenz und lässt röntgen. Befund: Schiene geht im unteren Teil bereits durch den Blasenverschluss in die Harnröhre. Schnell zur Uniklinik und Schiene gezogen und neue (Nr. 7) eingeführt. Inkontinenz sofort beendet. Vermutung: beim Entfernen des Blasenkatheters wurde Schiene mit nach unten gezogen.
Erfahrung 14: Der Spruch „Das kommt praktisch nicht vor“ ist mir mittlerweile bekannt. Ich hörte ihn beim ersten Nierenloch, ich hörte ihn beim zweiten Nierenloch. Ich hörte ihn bei den verlorenen Bildern und nun schon wieder. Zwischen „praktisch nicht“ und „bei mir“ scheint es doch einen ziemlichen Unterschied zu geben.
Drei Monate Warten, täglich Fiebermessen, wöchentlich Urin auf Infekte kontrollieren. Stets Keime vorhanden, aber: „Wenn keine Symptome, braucht´s kein Antibiotikum.“
Ende gut …
02. September 2020: Ambulante Entfernung von Schiene Nr. 7. Durchlass ist optimal. Aktion von Chefstellvertreter in Uniklinik Nr. 2 war erfolgreich!
Erfahrung 15: Sechs Narkose-OP´s, sechs Eingriffe ohne Narkose seit Mitte April 2019. Seit eineinhalb Jahren Dauereinlage von sieben Schienen von der Niere durch Harnleiter in die Blase. Das ist nun vorbei. Ein rundum befreiendes Gefühl!
Ein tiefes Danke an die stets mitfiebernde und mitleidende Ehefrau sowie all die Schwestern, Pfleger, medizinischen Assistenten, Doktoren und Professoren, die mich begleitet, betäubt, aufgeschnitten, zugeklebt, gepflegt und aufgerichtet haben! Ich versuch’s jetzt mal ohne … aber weiter mit Christine.
Ich sehe, dass dieser und die dazugehörenden Vor-Erfahrungen immer noch gelesen werden. Daher will ich ergänzen: Auch gut 1 1/2 Jahre nach dem letzten Eintrag ist mit den unerwünschten Erfahrungen immer noch Schluss!