Gastkommentar: Professor Dr. Jürgen Zöllner
Ich bin wütend. Habe jetzt Covid-19 (4x geimpft).
Aber nicht deswegen, sondern wegen dieser lächerlichen Corona Warnapp. Ich brauchte in meinem Zustand über 1 Stunde, um meiner „Bürgerpflicht“ nachzukommen, meinen positiven PCR Befund über die App zu melden.
Alle meine Vorurteile wurden voll bestätigt. 160 Millionen zum Fenster rausgeschmissen. Oder glaubt jemand, bei diesem Zirkus würde ein relevanter Anteil positiver Fälle gemeldet, d. h. über diese App erhält das Gesundheitssystem oder der Einzelne irgendwelche brauchbaren Informationen?*
Dabei wäre alles so einfach. Die Teststation gibt das Ergebnis direkt an das Gesundheitsamt und die App weiter. Oder wenigstens, man erhält mit dem Befund etwas zum Einscannen und die Sache wäre erledigt. Geht angeblich nicht wegen Datenschutz!
Dabei steht er nicht mal im Grundgesetz, sondern ist nur aus dem Persönlichkeitsschutz abgeleitet. Wenn die Erfassung und Weitergabe von Daten dem Persönlichkeitsschutz dienen, ist dies aus meiner Sicht sogar verfassungsrechtlich geboten! Sollte dem aber in Deutschland ein Gesetz oder eine Vorschrift entgegenstehen, so hätte die Politik dies mindestens seit einem Jahr ändern können. Noch schlimmer. Dieser Datenschutz wird uns im Gesundheitswesen und in den Lebenswissenschaften zu einem Entwicklungsland werden lassen. Die riesigen Kostenersparnisse sollten dabei auch berücksichtigt werden.
Übrigens: wir können angeblich die 200 Milliarden € zur Unterstützung in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht richtig verteilen, d. h. zielgerichtete Unterstützung für diejenigen die es besonders brauchen, weil wir Steuerdaten und Kontonummer nicht verknüpfen können. Warum geht nicht jemand gegen alle diese unverantwortlichen Auslegungen eines im Grundsatz vernünftigen Datenschutzes auf die Straße?
*Im Mittel sind die letzten 7 Tage 70.579 bestätigte (!) Neuinfektionen pro Tag registriert. Davon haben jeweils 14.751 Personen dies an die Corona-Warn-App gemeldet. Das sind 21 %!
Detlef Müller-Böling, weitere Artikel zu einer Reform des Datenschutzrechts:
27.01.2022 in DIE ZEIT: Gerlach, Niggemeier Daten nutzen, nicht nur schützen!
01.10.2022 in Forschung&Lehre: Joybrato Mukherjee Zeitenwende und Datenschutz.